Düsseldorf: Prozeßbeobachter niedergeschlagen

Bericht des Pressesprechers

Rabiat gingen Polizei- und Justizbeamte in der vergangenen Woche gegen Prozeßbeobachter im Düsseldorfer Oberlandesgericht (OLG) vor. Angeklagt ist der türkische Aktivist Faruk Ereren. Ihm wird die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung nach Paragraph 129b Strafgesetzbuch vorgeworfen.

Beim Verlassen des Gerichtssaales zu Beginn der Mittagspause reckten neun Besucher die Faust und riefen »Freiheit für Faruk«. Daraufhin seien sie von Justizvollsteckungsbeamten auf richterliche Anordnung zurück in den Gerichtssaal geführt und dort über eine Stunde festgehalten worden, meldete die Solidaritätsorganisation Rote Hilfe.

Anschließend seien sie in eine Zelle im Kellerbereich gebracht worden. Auf die Forderung nach einem Kontakt zum Anwalt hätten die Beamten mit dem Löschen des Lichts reagiert.

Anschließend sei die Zelle von mindestens 15 Justiz- und Polizeibeamten gestürmt worden. Prozeßbeobachter seien mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen, an den Haaren gerissen und durch den Raum geschleudert worden, heißt es in dem Bericht der Roten Hilfe.

Einer Frau sei durch Schläge ins Gesicht verletzt worden. Später seien die weiblichen Prozeßbeobachterinnen mit Handschellen gefesselt in anderen Zellen auf den Boden geworfen worden. Ohne Kommentierung der offensichtlichen Verletzungen verurteilte der Richter die neun anschließend zu jeweils 100 Euro Ordnungsgeld wegen angeblicher Störung des Prozesses.

Eine der Betroffenen ist Mitglied unseres Kreisverbandes. Wir erklären uns mit allen Betroffenen solidarisch, verurteilen das Verhalten des Gerichts und der verantwortlichen Polizeibeamten und rufen zum Besuch des nächsten Prozesstermins auf.

Donnerstag 4.6.2009

9.15 Uhr

OLG Düsseldorf Kapelllenweg 36.

Hintergrund Faruk Ereren war im April 2007 in Hagen festgenommen und sitzt seitdem unter Isolationsbedingungen in Untersuchungshaft. Nach Meinung der Bundesanwaltschaft hatte der 54jährige, der schon in der Türkei lange Jahre inhaftiert war, eine Führungsposition innerhalb der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front DHKP-C. Ereren soll für in der Türkei begangene Stadtguerillaaktionen zwischen 1993 und 2005 mitverantwortlich sein.

Der Mitte Januar 2009 begonnene Prozeß stützt sich vor allem auf Beweismaterial aus der Türkei, obwohl dort Folter bei Verhören nach Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen nach wie vor gängige Praxis ist.

Nach: jungeWelt 29.5.09