DIE LINKE. Fraktion im Rat der Stadt Viersen - Haushaltsrede zum Haushalt 2014 der Stadt Viersen, gehalten am 26.11.13
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
im letzten Jahr hat meine Haushaltsrede mit dem Thema OBI begonnen, daher möchte ich auch in diesem Jahr damit beginnen. Der Bau von OBI wurde auch gegen unsere Stimmen beschlossen, der Bau ist mittlerweile im vollen Gange und die Eröffnung ist für das nächste Frühjahr geplant. Unsere Bedenken gegen den Bau waren auch der für uns unnötigen Konkurrenzsituation mit dem bereits bestehendem Praktiker-Baumarkt geschuldet, welcher, wie wir heute wissen, zumindest unter dem Mantel der Firma Praktiker keine Zukunft mehr haben wird. In diesem Zusammenhang möchte unsere Fraktion ihr Bedauern über diese Situation ausdrücken und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unsere Solidarität übermitteln.
Der Gegenwind gegen den OBI - Bau war stark, allerdings haben die Befürworter sich hier durchgesetzt. Der Umgang mit den Beschwerden, Einwendungen und den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger von Seiten der Verwaltung gerade während des Bauplanverfahrens hat uns teils schockiert. Wir würden uns wünschen, dass die Verwaltung die Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt und diesbezüglich mehr Verständnis an den Tag legt, als es gerade in diesem Verfahren geschehen ist. Das sich Bürgerinnen und Bürger gerade in solchen Verfahren nicht ernst- und erst recht nicht mitgenommen fühlen kann unsere Fraktion absolut nachvollziehen. Das gleiche gilt hier auch für das Neubaugebiet Butschenweg. Bei den Bürgerinformationsveranstaltungen zum Neubaugebiet Butschenweg, zum Umbau des Casinogartens als auch bei der Veranstaltung zu einem möglichen Um- bzw. Neubau am St. Florian-Platz haben wir erlebt, das die Bürgerinnen und Bürger ein starkes Interesse haben, an der Planung ihres Heimatumfeldes aktiv mitzuarbeiten. Es reicht heute einfach nicht mehr aus, den Bürgern zu sagen, dass sie ihre Einwendungen schriftlich einreichen können, die Bürger aber gerade am Beispiel OBI erleben mussten, das alle Einwendungen schlicht beiseitegeschoben worden sind. Bei den drei genannten haben wir in den Informationsveranstaltungen volle Säle erlebt und Bürger, die durchaus kritisch mit dem umgehen, was hier von der Verwaltung vorgelegt wird und ihren Unmut auch kundtun. Für die Zukunft wünschen wir als Fraktion uns, dass die Bürgerinnen und Bürger, die Vereine und vor allem alle Anwohner so früh wie möglich mit in die Planungen einbezogen und befragt werden. Das ganze könnte dann möglicherweise in einem stadtteilbezogenem Bürgerentscheid gipfeln, um dem Rat als Entscheidungsgremium hier eine klare Richtung vorzugeben. Inwieweit das rechtlich möglich ist, sollte geprüft werden. Aus unserer Sicht wäre dies gelebte Demokratie und eine Bereicherung für den Umgang zwischen Stadtverwaltung, Politik und den Bürgern. Es darf nicht dazu kommen, dass Verwaltung, Politik und Bürger sich auseinander dividieren, sei es durch den Umgang untereinander oder durch verschiedene Vorstellungen was die Zukunft unserer Stadt angeht. In erster Linie sind wir alle erst einmal Bürger, sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung (auch wenn diese vielleicht in einer anderen Stadt wohnen), als auch die Politiker. Konflikte und Probleme sollten in einem fairen und sachlichen Umgang gelöst werden, bevor Situationen eskalieren. Natürlich hat jeder Bürger das Recht, seine Meinung durch ein Gerichtsverfahren oder ähnliches prüfen zu lassen, dies sollte aber wirklich der letzte Schritt sein. In diesem Zusammenhang möchte ich auf aktuelle Probleme beim Thema Primusschule – Ostschule hinweisen. Hier formiert sich gerade Bürgerprotest und ich möchte die Verwaltung bitten, hier die Ängste und Bedenken der Bürgerinnen und Bürger, als auch der Schülerinnen und Schüler ernst zu nehmen und hier möglichst schnell das Gespräch zu suchen.
Meine Damen und Herren,
beigelegt wurde vor kurzem der Streit der Stadt Viersen und der hiesigen Feuerwehrleute. DIE LINKE begrüsst ausdrücklich die erzielte Einigung und hofft, dass dies auch über die Grenzen der Stadt so gesehen wird. Streikende Feuerwehrleute der Stadt Viersen, die durch die Stadt ziehen, vor dem Forum ihren Unmut kund tun und im WDR zu sehen sind, dies war kein Imagegewinn für die Stadt. Umso erfreulicher ist die dann über viele Gespräche in einem Mediatorverfahren stattgefundene Einigung. Unser Dank gilt hier allen Beteiligten und vor allem dem Bürgermeister, der trotz anfänglicher rechtlicher Bedenken die Tür geöffnet und eine Einigung ermöglicht hat. Für die Stadt ist diese Einigung der richtige Weg und zeigt, dass man im Gespräch eine Menge erreichen kann.
Lassen Sie mich nun zum Haushalt kommen.
Das im letzten Jahr vom Rat gegen unsere Stimmen beschlossene Haushaltssicherungskonzept wurde genehmigt. Wir befinden heute also nicht nur über den Haushalt 2014 sondern auch über die Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes.
Ich sage es direkt, auch dieser Haushalt ist für unsere Fraktion nicht zustimmungsfähig.
Nach wie vor stehen pauschale Kürzungen bei den Personalaufwendungen im Haushalt, genauso wie die Elternbeiträge für Kinderbetreuung, beides haben wir in der gesamten Legislatur immer abgelehnt und werden dem auch heute über den Haushalt nicht zustimmen. Weiterhin haben wir uns gegen eine externe Planung für ein Gesamtkonzept zur Nutzung der „Süchtelner Höhen“ ausgesprochen. Nach wie vor ist uns vollkommen unklar, was hier als Resultat erwartet wird und wir gehen davon aus, dass dieses Gesamtgutachten teurer werden wird als erwartet.
Der uns vorliegende Haushalt beinhaltet allerdings auch einige für uns nicht negative Punkte. Der Kulturbereich ist bisher weitgehend von Kürzungen oder starken Preiserhöhungen ausgenommen worden. Hier werden wir uns auch in Zukunft dafür einsetzen, dass Viersen eine Kulturstadt bleibt und dass für die Bürgerinnen und Bürger Kultur bezahlbar ist. Ebenfalls positiv für uns ist die Einsicht, den im letzten Jahr strittigen Punkt des Herbizideinsatzes, der eine sechsstellige Einsparung bringen sollte, fallen zu lassen. Auch unterstützt unsere Fraktion die Erhöhung des Haushaltsansatzes bei den Kinderspielplätzen. Der Ansatz für die Grundsteuer B bleibt konstant und wird nicht erhöht. Wir finden dies richtig, denn es kann nicht sein, das wir erst neue Wohngebiete schaffen, neue Bürgerinnen und Bürger in die Stadt locken und dann hingehen und die Grundsteuer B erhöhen. Ebenfalls richtig finden wir die zusätzlichen Gelder zum Erhalt des städtischen Infrastrukturvermögens. Da diese zusätzlichen Gelder allerdings an die Aufgabe der Straßenbaulastträgerschaft an Ortsdurchfahrten gekoppelt sind, sind wir hier auch nicht unkritisch.
Wie in jedem Jahr hat der Haushalt also auch in diesem Jahr Punkte, die wir mittragen können und Punkte die wir nicht mittragen werden. In Summe hat unsere Fraktion beschlossen, gerade aufgrund der benannten nicht negativen Punkte, bei der Abstimmung zum Haushalt mit Enthaltung zu votieren.
Eingehen möchte ich auch kurz nochmal auf meine letztjährige Haushaltsrede. Das dort beschriebene gilt nach wie vor, sollten die Zahlen des Haushaltssicherungskonzeptes nicht passen, wovon wir ausgehen, sollten Steuereinnahmen wegbrechen anstatt ansteigen, dann wird das Geld zur Erreichung eines ausgeglichenen Haushaltes woanders herkommen müssen. Am Ende der nächsten Ratslegislatur werden die Zahlen hier bekannt sein, im Moment bleibt ein grosses Fragezeichen. Nach wie vor sind wir der Meinung, dass Bund und Land den Kommunen hier stärker unter die Arme greifen müssen. Der Kreis wird ebenfalls nicht auf lange Sicht seinen Haushalt mit Rücksicht auf die Städte und Gemeinden mit der Ausgleichsrücklage ausgleichen können. Vermutlich wird der Kreis innerhalb des Zeitraumes des Haushaltssicherungskonzeptes stärkere finanzielle Mittel benötigen, als dies bislang eingefordert wurde. Eine Steigerung der Kreisumlage ist zwar im HSK vermerkt, jedoch kann man annehmen, dass die angenommene Steigerung wesentlich höher ausfallen wird.
Lassen Sie mich nun zum Stellenplan kommen. DIE LINKE begrüsst die zusätzlichen Stellen, die für die einzelnen Fachbereiche vorgesehen sind. Ebenfalls begrüssen wir die zusätzlichen Ausbildungsstellen, die für das kommende Ausbildungsjahr zur Verfügung gestellt werden. Allerdings glauben wir, dass auch dies nicht ausreicht. Gerade im letzten Jahr haben wir erlebt, das aufgrund von Personalmangel viele Dinge liegen geblieben sind. Als Beispiel möchte ich hier das neue Ratsinformationssystem nennen, welches trotz intensiver Bearbeitung aufgrund Personalmangel nicht zum angepeilten Termin fertig gestellt werden konnte. Dazu gehören auch die Diskussionen der massiven Anzahl von Überstunden und über den Krankenstand in der Verwaltung, die wir im vergangenen Jahr hatten. Wir sind der Meinung, dass hier endlich ein Umdenken stattfinden muss. Pauschale Kürzungen für Personalaufwendungen sind aus unserer Sicht schlicht falsch und ein Grund für Überstunden und Krankheiten.
Aufgrund der ausgeführten Punkte hat sich unsere Fraktion in Summe auch beim Stellenplan zu einer Enthaltung entschieden.
Meine Damen und Herren,
das Jahr 2014 ist in Sicht und wird ein besonderes Jahr für die Stadt Viersen. Nicht nur, dass Dülken 650 Jahre alt und dies bestimmt sehr ausgiebig feiern wird, die Bürgerinnen und Bürger werden im Rahmen der Kommunalwahlen auch einen neuen Stadtrat wählen, zusätzlich bekommt die Stadt zwei neue Dezernenten, die (davon gehen wir aus) voller Eifer in ihr neues Amt und ihr erstes Amtsjahr gehen werden. Gerade mit diesem für Viersen besonderem Hintergrund akzeptieren und respektieren wir die Entscheidung des Bürgermeisters, seine letzte Amtszeit nicht vorzeitig zu beenden und dem neuen Rat und den neuen Dezernenten noch für ein Jahr zur Seite zu stehen.
Für unseren Stadtkämmerer Herrn Corsten geht mit dem Jahr 2013 auch sein letztes Jahr als Kämmerer der Stadt Viersen zu Ende. Lassen sie mich diesbezüglich ein persönliches Wort an Sie richten Herr Corsten:
In den letzten Jahren haben wir in unzähligen Sitzungen beisammen gesessen, Rat, Ausschüsse und Arbeitskreise, oft sind wir in vielen Fragen nicht einer Meinung gewesen und oft habe ich oder auch unsere Fraktion gegen ihre Vorschläge argumentiert und gestimmt. Das würde ich als normalen Lauf der Dinge bezeichnen und finde das persönlich unproblematisch. Ich respektiere und schätze Sie als Mensch, der sachlich argumentiert und auch bei unbequemen Themen nicht das Weite sucht. Ihre durchaus „kreative“ Ader wird bestimmt auch irgendwann einmal meine Enkel interessieren. Sehr geehrter Herr Corsten, ich glaube sagen zu können, dass wir im Grossen und Ganzen immer gut, sachlich und fair miteinander ausgekommen sind. Ich wünsche Ihnen im Namen unserer Fraktion für ihre Zukunft vor allem Gesundheit, Glück und eine Menge Freizeit.
Seit den Kommunalwahlen 2009 hat unsere kleine Fraktion mehr als 500 Termine bestritten, so gut wie nie in Ausschüssen gefehlt und hat Themen wie z.B. die zweite Gesamtschule in die Politik und Öffentlichkeit gebracht. Wir haben uns in Themenfelder eingearbeitet und uns sachlich mit den unterschiedlichsten Bereichen beschäftigt und argumentiert. Ich kann mir vorstellen, dass manch einer von Ihnen bei Anträgen oder Argumenten unserer Fraktion zumindest innerlich die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen hat. Ich persönlich finde das vollkommen in Ordnung und ich muss zugeben, dass mir das manchmal beim Lesen fremder Anträge bzw. Verwaltungsvorlagen auch nicht anders ging. Auch wenn Sie dies möglicherweise anders sehen, so behaupte ich, dass der Einzug unserer Fraktion für den Rat und für die Stadt Viersen eine Bereicherung war und ist. Ich kann Ihnen versprechen, dass Sie auch im nächsten Jahr, wenn es um den Haushalt für das Jahr 2015 geht, einer Haushaltsrede unserer Fraktion lauschen dürfen.
DIE LINKE wird sich wie bereits ausgeführt, bei der nun nachfolgenden Abstimmung zum Haushalt 2014, zum Stellenplan 2014 sowie zur Haushaltssatzung 2014 und dem Haushaltssicherungskonzept 2012-2022 enthalten.
Abschliessend möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, die uns nach wie vor freundlich und hilfsbereit zur Seite stehen, bedanken.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Christoph Saßen
Fraktionsvorsitzender