Haushaltsrede 2018 - DIE LINKE. Fraktion im Rat der Stadt Viersen

Christoph Saßen, Fraktionsvorsitzender
KV ViersenRatsfraktionVieab14

Es gilt das gesprochene Wort!

Die Rede als pdf finden Sie hier.

 

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,

sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Bürgerinnen und Bürger,

 

im vergangenen Jahr wurden wie bereits häufiger in der Vergangenheit Beschlüsse im Rat der Stadt Viersen bzw. in einem der Ausschüsse gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE gefasst. Lassen Sie mich kurz zurück schauen und Ihnen exemplarisch einen Beschluss nennen, der uns bis heute beschäftigt:

Der Rat der Stadt Viersen hat im Oktober 2016 die "Satzung über die Teilnahme und Erhebung von Beiträgen im Rahmen außerunterrichtlicher Angebote der Offenen Ganztagsschule sowie der städtischen Betreuungsmaßnahme Schule von acht bis eins in der Stadt Viersen" mehrheitlich gegen unsere Stimmen beschlossen. Innerhalb dieser Satzung wird die Möglichkeit für die Stadt eröffnet, Kinder, deren Eltern der Zahlung der Elternbeiträge bzw. der Zahlung des Mittagessens nicht nachkommen von der Teilnahme an außerunterrichtlichen Angeboten der offenen Ganztagsschule sowie der städtischen Betreuungsmaßnahme "Schule von acht bis eins" ausschließen zu können. Mit Antrag an den Rat der Stadt Viersen zur Dezember-Sitzung 2016 hat unsere Fraktion dieses Thema erneut aufgegriffen und nach Vertagung in den Februar 2017 hat eine knappe Mehrheit des Rates beschlossen, dieses Thema erneut aufzugreifen. Als Fraktion hatten wir beantragt, die Paragraphen aus der Satzung zu streichen, die der Stadt die Möglichkeit eröffnen, Kinder für das Fehlverhalten ihrer Eltern zu bestrafen, was aus unserer Sicht schlicht ein Sanktionsparagraph ist und gegen die UN - Kinderrechtskonvention verstößt. Aus unserer Sicht ist das Kindeswohl vorrangig vor der Beitragspflicht der Eltern zu sehen. Der Rat sah dies in der März-Sitzung 2017 mehrheitlich anders und hat damit die benannte Satzung in der bereits beschlossenen Form bestätigt. In der Stadt Viersen ist es also seit 01.08.2017, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung, möglich, dass Kinder für das falsche Verhalten ihrer Eltern bestraft werden können. Wir halten dies nach wie vor für einen Skandal.

Als Mitglieder des Rates der Stadt Viersen sollten wir generell alles daran setzen, dass Kinder in der Stadt Viersen nicht für das Fehlverhalten ihrer Eltern bestraft werden dürfen und jedes Kind ein dauerhaftes Anrecht auf ein warmes kostenfreies Mittagsessen sowie Partizipation an außerunterrichtlichen Angeboten der Stadt hat!

 

Meine Damen und Herren,

der Haushaltsplanentwurf für die Stadt Viersen für das Jahr 2018 weist ein positives Ergebnis von rund 300.000 Euro aus. Dies war zum Zeitpunkt der Einbringung des Haushaltes durch den Kämmerer nicht ersichtlich, auch wenn es viele Signale gegeben hat, die auf positive Verbesserungen hingewiesen haben. Bei Einbringung des Haushaltes betrug das vermutliche Defizit für das Haushaltsjahr 2018 noch 6,7 Millionen Euro. Die Mehrheit des Rates der Stadt Viersen will dieses Ergebnis zum Ausstieg aus der Haushaltssicherung benutzen. Die Verbesserungen ergeben sich unter anderem durch historisch hohe Schlüsselzuweisungen sowie einer deutlich niedrigeren Kreisumlage, resultierend auch hier unter anderem durch höhere Schlüsselzuweisungen und der Erstattungen der Gelder des LVR. Der Kreishaushalt wird erst in den kommenden Wochen beraten, so das hier auch noch nicht klar ist, ob die prognostizierte Verbesserung der Kreisumlage auch entsprechend durch den Kreistag Ende März so beschlossen werden wird. In seiner Rede zur Einbringung des Haushaltes hat der Kämmerer bereits deutlich gemacht, das die sich abzuzeichnenden positiven Zahlen größtenteils einmaligen Effekten geschuldet sind, die es vermutlich so in Zukunft und in einem solchen Paket nicht mehr geben wird. Auf die Risiken für die mittelfristige Finanzplanung hat der Kämmerer ebenfalls hingewiesen. Zu nennen sind hier mögliche konjunkturelle Schwankungen, der Wegzug bzw. die Schließung einzelner Firmen oder Firmenteile und der dann entsprechenden schwächeren Gewerbesteuereinnahme sowie einer Änderung des kommunalen Finanzausgleichs mit dann vermutlich geringeren Schlüsselzuweisungen. Auch die Höhe der Kreisumlage ist eine der Risiken und es ist durchaus unklar, wie diese sich in den nächsten Jahren entwickeln wird.

Um das für dieses Haushaltsjahr prognostizierte positive Ergebnis zum Ausstieg aus der Haushaltssicherung benutzen zu können, bedarf es einer längerfristigen Finanzplanung mit positiven Ergebnissen. Aufgrund der benannten Risiken ist dies auf längere Sicht aber entsprechend unklar und daher wird nun für die langfristige Darstellung positiver Ergebnisse in den nächsten Jahren auf die Erhöhung der Realsteuern gesetzt. War dies für die Politik in den vergangenen Jahren immer die Ultima Ratio, so wird dies für 2019 und folgende nun als Möglichkeit in Betracht gezogen. Gerade eine Grundsteuer B - Erhöhung wird hier jede Bürgerin und jeden Bürger direkt treffen. Egal, ob man ein Eigenheim besitzt oder zur Miete wohnt, jede Bürgerin und jeder Bürger der Stadt Viersen wird dies spüren, entweder durch eine erhöhte Abrechnung direkt von der Stadt oder durch höhere Mietnebenkosten von Seiten einer Vermieterin bzw. eines Vermieters. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Viersen werden also, sollte ab 2019 eine erhöhte Grundsteuer B - Erhöhung notwendig sein, erneut zusätzlich belastet. Diejenigen, die also mittlerweile von Boisheim, Süchteln oder Dülken nach Viersen müssen, um Amtsgänge zu erledigen, diejenigen, die nach wie vor Elternbeiträge für verschiedene Betreuungsformen für ihre Kinder  zu zahlen haben, genau die würden also erneut und zusätzlich zur Kasse gebeten.

"Der Bürger zahlt die Zeche", dies habe ich so im vergangenen Haupt- und Finanzausschuss gesagt und genau so wird es aus unserer Sicht auch kommen. Das bisher bekannte Defizit für das Haushaltsjahr 2019 wird nicht durch andere Finanzmittel in ein positives Ergebnis verwandelt werden können. Auch wenn andere Fraktionen sagen, das man alles probieren will, die angedachte Realsteuererhöhung ab dem Haushaltsjahr 2019 nicht beschließen zu müssen, so fehlen doch , zumindest aus heutiger Sicht und mit heutigem Stand, die entsprechenden Alternativen!

DIE LINKE ist nicht als Freund*in der schwarzen Null bekannt und unsere Einwendungen und Ablehnungen gegen ein 10-jähriges Haushaltssicherungskonzept und gegen Kürzungsmaßnahmen sind weder unbekannt noch neu.

Es stellt sich doch die Frage, was haben wir von einem jetzigen vorzeitigen Ausstieg aus dem Haushaltssicherungskonzept? Wir werden auch nach Beschlussfassung und Ausstieg keine großen Sprünge machen können, darauf weist sowohl die Bürgermeisterin als auch der Kämmerer deutlich hin. Ja, Politik und Verwaltung werden ein bisschen freier, wenn es um finanzielle Entscheidungen geht, aber die entsprechenden Konsolidierungsbemühungen werden ebenfalls weiter gehen.  Wir sehen ebenfalls die Gefahr, dass die Realsteuern auch in Zukunft weiter angehoben werden könnten, wenn es wieder finanziell eng werden sollte. Nicht unerwähnt lassen möchte ich, wie in den vergangenen Jahren auch, die unklare Auswirkung der Schuldenbremse auf Bund und Land ab 2020 und die möglicherweise damit verbundenen Auswirkungen für die kommunale Ebene. Klar ist, die Kommune wird keine Schuldenbremse erhalten und so steht es nach wie vor zu befürchten, dass kostenintensive Themen von Bund und Land auf die Kommune runter gedrückt werden.

 

Meine Damen und Herren,

der vorliegende Haushaltsplanentwurf für 2018 steht zur Verabschiedung, das mehrheitlich gegen unsere Stimmen beschlossene Haushaltssicherungskonzept steht zur Fortschreibung an.   

Wie bereits in den letzten Jahren erklären wir auch heute, das wir pauschale Kürzungen bei den Personalaufwendungen sowie Elternbeiträge für Kinderbetreuung ablehnen. Eine mögliche und zumindest für das Haushaltsjahr 2019 vorab einkalkulierte Erhöhung der Grundsteuer B ist für unsere Fraktion nicht zustimmungsfähig und nicht akzeptabel!

In Summe hat die Fraktion DIE LINKE beschlossen, sowohl den vorliegenden Haushalt 2018, als auch die Haushaltssatzung sowie die Fortschreibung für das Haushaltsicherungskonzept 2012 - 2022 für das Haushaltsjahr 2018 abzulehnen.

Zum Stellenplan sei gesagt, dass DIE LINKE die zusätzlichen netto 70 Stellen begrüßt. Bereits in der Vergangenheit haben wir betont, das aus unserer Sicht die Stadt mehr Personal statt weniger benötigt. Ein Mehr an Personal bedeutet auch gleichzeitig eine Entlastung des bereits vorhandenen Personals, weniger Überstunden und weniger aufgrund hoher Belastung entstehende Krankheitsfälle. Als falsch empfinden wir allerdings die erneute Ablehnung unseres Antrages im Haupt- und Finanzausschuss zwei zusätzliche Stellen für soziale Arbeit an Schulen einzurichten.

Die Verwaltung hat in den letzten Monaten signalisiert, dass es für die Zukunft schwer bis gar nicht möglich sein wird, ausreichendes Personal selber auszubilden, um die Lücke zu schließen, die sich aufgrund der zu erwartenden altersbedingten Abgänge ergeben wird. Da die Stadt Viersen nicht die einzige Stadt mit diesem Problem sein wird, wird es ebenfalls entsprechend schwierig werden, auf fremdausgebildetes Personal zurückgreifen zu können. Hier brauchen wir zeitnah entsprechende Lösungen und Ideen, damit die Stadt Viersen für die Zukunft mehr Personal ausbilden kann.

Aufgrund der ausgeführten Punkte wird unsere Fraktion dem Stellenplan 2018 zustimmen.

Entsprechend der gemachten Ausführungen beantragen wir Einzelabstimmung zum Stellenplan 2018 zum einen sowie zum Haushaltsplan bzw. der Haushaltssatzung für 2018 und der Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes 2012 - 2022 zum zweiten.

Abschließend möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für ihre geleistete Arbeit bedanken.

Mein besonderer Dank gilt heute ALLEN Einsatzkräften der Feuerwehr für Ihr tagtägliches Engagement zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

  

 

 

Christoph Saßen

Fraktionsvorsitzender