DIE LINKE reichte Fachaufsichtsbeschwerde gegen die Stadt Viersen ein.

So schreibt die Rheinische Post:

'Geht es nach der Partei Die Linke, muss die Stadt Viersen die Baugenehmigung für das derzeit im Bau befindliche Privathaus von Landrat Andreas Coenen (CDU) zurücknehmen, weil sie – aus Sicht der Partei: unrechtmäßige – Befreiungen vom Bebauungsplan erteilte. Und auch bei einem anderen derzeit im Bau befindlichen Haus an der Alten Süchtelner Landstraße hat die Viersener Bauverwaltung nach Auffassung der Linken widerrechtlich eine Genehmigung für eine zweigeschossige Bauweise erteilt.

Der Viersener Fraktionsvorsitzende Christoph Saßen reichte wegen der beiden Bauten am Freitag Fachaufsichtsbeschwerde ein. Üblicherweise geht die an die nächsthöhere Aufsichtsbehörde – das wäre der Kreis Viersen. Da aber die Genehmigung fürs Haus des Landrats Teil der Aufsichtsbeschwerde ist, soll nun das NRW-Bauministerium die Rechtmäßigkeit der beiden Baugenehmigungen überprüfen.

Viersens Technische Beigeordnete Susanne Fritzsche sagt: „Ich gehe davon aus, dass seitens der Stadt Viersen die fraglichen Baugenehmigungen  zu Recht erteilt wurden, zumal die Baugenehmigung für das Haus des Landrats bereits gerichtlich überprüft wurde.“ Und Landrat Coenen erklärte: „Ich habe keine Veranlassung, an der Rechtmäßigkeit der erteilten Baugenehmigung zu zweifeln. Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass der Bauantrag ohne Ansehen der Person von der Bauverwaltung geprüft wurde.“ Bereits im vergangenen Jahr hatte der Landrat erklärt, dass er keinerlei Einfluss auf die Erteilung der Baugenehmigung ausgeübt habe.

In mehreren Punkten weicht sein Neubau vom Bebauungsplan ab: Der erlaubt eine Überschreitung der Baugrenze von maximal zwei Metern. Der Befreiungsbescheid, der unserer Redaktion vorliegt, toleriert an einer Seite des Gebäudes eine Überschreitung um das Viereinhalbfache – dies sei „städtebaulich vertretbar“, heißt es in dem Bescheid. Und: In dem Wohngebiet stehen überwiegend eingeschossige Bungalows und Häuser mit niedrigen Satteldächern. Coenen darf zweigeschossig bauen. In dem Gerichtsverfahren, das ein Nachbar angestrengt hatte, begründete die Stadt Viersen die Befreiungen damit, dass „im Geltungsbereich des Bebauungsplans bereits mehrfach Befreiungen von den festgesetzten Baugrenzen und Bauhöhen erteilt worden sind“. Das Gericht wies die Klage ab – mit dem Hinweis, dass auch bei einer objektiv rechtswidrigen Baugenehmigung der Nachbar keinen Abwehranspruch habe, solange seine eigenen Rechte nicht berührt seien. Wie viele dieser Befreiungen die Stadt erteilte, diese Anfrage unserer Redaktion lässt die Stadtverwaltung seit November 2020 unbeantwortet.

„Anders als die Technische Beigeordnete behauptet, hat das Gericht eben nicht die Rechtmäßigkeit der erteilten Befreiungen überprüft“, sagt Saßen. „Wir haben den Eindruck, dass die erlaubte massive Überschreitung der Baugrenze nur dazu diente, Nachbarschaftsklagen vorzubeugen.“ Das aber gehe zu Lasten der freien Landschaft nahe des Landschaftsschutzgebietes und sei mit öffentlichen Belangen unvereinbar. „Im Übrigen fürchten wir durch die Baugenehmigung eine Präzedenzwirkung, so dass weitere Genehmigungen für zweigeschossige Gebäude nicht zu verhindern wären.“'